Griechischer Alltag und Eindrücke……. Nichtsegler sind oft durch Werbung und Erzählungen von unserer „weissen Sportart“ fasziniert und stellen sich ein Leben an Bord einer Segelyacht wie ein Aufenthalt in einem Fünfsternhotel vor. Schöne Sonnenuntergänge vor weissen Sandstränden, eine kühle angenehme Brise am grosszügig dimensionierten Deck, alle Protagonisten haben einen eisgekühlten Sundowner in der Hand und schneeweisse oder himmelblaue Kleider am Leib. Natürlich von Lacoste oder sonst einem teuren Anbieter dieser maritimen Modeartikel. Man plaudert und raucht dazu vielleicht noch eine Havanna.
Nichts läge der Realität ferner als dieses Bild. Meist sucht man sich bei unangenehmen Böen einen Ankerplatz, mit etwas Glück hat es in der Saison überhaupt noch Platz in den Buchten. Die Kleider kleben vom heissen Segeltag am Leib, und riechen auch danach, und man ist froh, wenn der Anker beim ersten Manöver greift. Aus dem Törnführer oder, sofern vorhanden, vom Internet und Blogs anderer Segler weiss man, dass der Grund „foul“ oder durchsetzt ist mit Seegras und oder Felsbrocken. Es bleibt also ein Hasardspiel. Hält das Eisen oder hält es nicht. Ist dies einmal geschafft, gilt der erste Blick dem Chaos auf dem Schiff. Leinen und Schoten gehören aufgeschossen, alles muss an seinen Platz zurück und die Yacht muss so bereit sein, dass man eigentlich jederzeit Anker lichten und lossegeln können sollte. Das Wetter hat man intensiv studiert und weiss, was einen in der Nacht erwartet. Meist stimmen die Wetterprognosen nur teilweise und Böen schlagen unerwartet rein, sodass immer wieder ein Blick auf die anfangs gepeilten Landmarken fällt. Zum Glück hat man tags oder mehrtags zuvor mit dem Dinghi noch einkaufen können, sodass man Weisswein oder Campari in den von Bordbatterien, die wiederum von Solarpanels oder Windgeneratoren geladen werden, Kühlschränken vorrätig hat. Die kiloschwere Ware hat man natürlich von Hand ins Dinghi getragen – notabene bei meist 40 Grad Celsius (deshalb wiederum die stinkenden Klamotten!). So sitzt man schliesslich an Deck. Vielleicht konnte man vorgängig noch ins kühle Nass springen und sich mit der Aussendusche – deren Wasser mühsam irgendwo in die Bordtanks geleitet werden musste – einer Süsswasserdusche erfreuen. Mit dem kühlen Drink sitzt man also an besagtem Deck, geniesst den Ankertrunk und bespricht, ob man anschliessend das Dinghi zu Wasser lässt, den Motor reinhievt und in ein Restaurant, sofern vorhanden, essen geht oder ob man an Bord etwas zubereite soll.
Selbstverständlich kann man dazu ein Lacoste tragen, eine Havanna rauchen und ein Selfie davon machen. Dies würde dann wiederum zu obigem Bild beitragen und die Traumvorstellungen der Betrachter nähren.
Unweigerlich stellt sich der geneigte Leser die Frage, wieso zum Teufel macht jemand sowas. Nun, die Freiheit ist unbeschreiblich und der kurze Moment, wo wirklich alles stimmt, so gewaltig schön, dass alle Mühsal und Arbeit (die auch Spass machen kann!) schnell vergessen geht und einer inneren Zufriedenheit Platz macht, die einen wirklich ganz ausfüllt.
Monty Python hat schon gesagt: „Always look at the bright side of life…………”. Das ist alles, was zählt.
Seit wir in Griechenland sind, fällt uns der Kontrast zur Türkei extrem auf. Die muslimische Gastfreundschaft steht im krassen Gegensatz zur manchmal doch recht offenkundig zur Schau getragenen «Fremdenfeindlichkeit» der Griechen. Wir haben noch nicht herausgefunden, ob sie die Yachties nicht mögen oder ob es eine generelle Abwehrhaltung gegen Fremdes ist. In keinem Land der Welt sind wir bisher aus Häfen weggewiesen worden. In Santorini war das der Fall. Die Infrastruktur für Segler ist in dem von uns bisher befahrenen Gebiet armselig. Man kann froh sein, wenn Häfen a) für Segler zugänglich sind und b) überhaupt Wasser haben. Von Strom ganz zu schweigen. Gottseidank sind wir energieautonom. Wegen der fehlenden Dichtungen können wir aber unseren Wassermacher nicht benützen und sind auf Wasser angewiesen. Seit Jahren schon wird teilweise an Häfen rumgebaggert und gebaut. Die Arbeiten scheinen nicht vom Fleck zu kommen. Restaurants in den Buchten bauen keine Anlegestege für Dinghis. Oft kommt man wegen Dünung oder fehlender Anlegemöglichkeiten schlicht nicht dorthin. Somit gibt’s auch kein Geschäft, so einfach ist das.
Vielleicht erwarten wir noch zuviel. Vielleicht hatten wir nebst ganz toller Begegnungen und ausserordentlich freundlicher Menschen, einfach zuviel der berühmten «Zehn Prozent» angetroffen. Wir wissen es noch nicht, werden an dieser Stelle aber gerne wieder darauf zurückkommen.
Wir befinden uns zurzeit in Porto Kagio im unteren Teil des mittleren Fingers am Peloponnes und haben letzte Woche einige sehr schöne Buchten auf dem Weg hierhin besucht. Landschaftlich superschön, bietet Porto Kayio zwei verlassene Klöster, einige Ruinen, ein Weiler, ohne jede Infrastruktur und drei Restaurants.
Wir haben noch rund 200 Liter Wasser, so halten wir noch eine Woche durch und können die Natur geniessen.
Der Blog geht weiter.
Nach Porto Kayio sind wir gemütlich nach Gerolimenos hochgetuckelt – den Wind hatten wir wie immer auf der Nase – und haben dort hinter einem Dreimaster in gebührendem Abstand zum kleinen Hafen den Anker fallen lassen. Wir haben den Boden bis auf zwölf Meter Wassertiefe noch erkennen und ein grosses Sandstück finden können. Gerolimenos ist bekannt für seinen Unrat auf dem Hafenboden. Anker, alte Ketten und massenweise alte Reifen, zum Teil zusammengekettet, machen das Ankern im Hafen zum Hasardspiel. Wir hatten Glück und der Schnorchelausflug zeigte einen klaren Sandboden, in den sich unser Anker schön eingegraben hatte. Wir kauften mit dem Dinghi im Minimarkt ein und gönnten uns anschliessend ein Nachtessen im Restaurant. Auf der Terrasse spielte eine griechische Band auf, und als wir uns im Dunkeln zum Schiff aufmachten, stimmte sie den Song Alexis Sorbas an. Zusammen mit dem Vollmond, dieser Musik und der gewaltigen Stimmung war der Abend perfekt. Griechenland wollte uns wohl etwas gnädiger stimmen.
Etwa 25 Seemeilen südlich von Kalamata gibt es eine riesige Sandbucht namens Limeni. Wir hatten von Zoe und Josh via Naveli erfahren, dass der Anker dort super halten solle. Limeni war bis jetzt die einfachste und wahrscheinlich sicherste Bucht auf der bisherigen Reise. Das Eisen hielt wie Beton und wir verbrachten eine ruhige Nacht mit überwältigendem Sternenhimmel.
Anderntags gings nach Kalamata in die Marina. Wir mussten Wasser bunkern. Wir bekamen von Panos, dem hilfsbereiten Marinero, einen Platz neben einem Franzosen zugewiesen und freundeten uns mit diesem gleich nach dem Festmachen an. Francis, ein gestandener Salzbuckel mit erfrischendem Humor, wartete auf Freunde, die mit ihm sein Schiff nach Sizilien segeln sollten. Seine Frau hatte nach fast sechs Monaten genug von der Seglerei und war am Vortag abgereist.
Wir konnten nicht umhin und mussten am Abend das einzige Thai-Restaurant in Kalamata aufsuchen. Eine willkommene Abwechslung. Am nächsten Morgen besuchten wir das Castro und schlenderten nach einem entzückenden Lunch unter einer Linde durch die Altstadt zurück in die Marina. Da wir Avalon Ende Monat für vier Wochen in der Marina lassen würden, hatten wir keinen Druck, schon jetzt alle Sehenswürdigkeiten der Stadt besuchen zu müssen.
Jetzt liegen noch zehn ruhige Tage vor uns, um die Westseite des Kolpos Messiniakos kennen zu lernen, bevor es dann nach sechs Monaten das erste Mal für vier Wochen nach Hause geht.